27. und 28. September 2016 in Berlin

Fachkongress »Industrial Analytics & Big Data in der Automobilindustrie«

News Fraunhofer-Allianz Big Data und Künstliche Intelligenz /

Digitale Geschäftsmodelle sind der neueste Trend in der Automobilindustrie. Die Fertigung von individuellen Fahrzeugen und die Kundeninteraktion rund um die Uhr ist ohne Big Data Analytics nicht möglich. Wie sich große Datenmengen in der Automobilindustrie künftig nutzen lassen, ist Thema des »Fachkongresses Industrial Analytics & Big Data« am 27. und 28. September 2016 in Berlin. Fraunhofer IAIS und Fraunhofer-Allianz Big Data sind Kooperationspartner der Veranstaltung.

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Beim Thema Industrie 4.0 ist oft vom total individualisierten Produkt die Rede. Diese Stückzahl eins bedeutet einen Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie. Wo bisher auf Skaleneffekte Wert gelegt wurde, um den Preis zu senken, müssen nun völlig neue Prozesse von der Entwicklung über die Produktion bis zum Vertrieb aufgesetzt werden. In der Vergangenheit scheiterten Versuche, den Autokunden in den Mittelpunkt zu stellen, oft an der fehlenden Daten- und Kommunikationsplattform. Die Datenbanken waren nicht nur inhouse auf verschiedene Silos wie Entwicklung, Produktion und Vertrieb verteilt, sondern auch auf freie Händler und die Autobanken. Autohersteller sind eben keine Internet- oder Telekommunikationsunternehmen, die ihre Kunden mit schnellen Produkt- oder Service-Updates regelmäßig ansprechen.

Neben den technischen Anforderungen an die Hardware rückt nun eine übergreifende Software- und die Big-Data-Kompetenz stärker in den Fokus. Die Unternehmensberatung Bain warnte schon 2014 in der Studie »Big Data revolutioniert die Automobilindustrie«, dass die klassische Form der Differenzierung (»Vorsprung durch Technik«) für die Automobilhersteller immer schwieriger werde. Da sich die Produkteigenschaften moderner Automobile immer stärker annähern, »kommt der Interaktion mit den Kunden sowie deren Erfahrung mit der jeweiligen Markenwelt immer mehr Bedeutung zu«, schrieben die Autoren der Bain-Studie.

Fraunhofer-Wissenschaftler arbeiten mit der Industrie am Automobilbau der Zukunft

Big Data bedeutet, sehr große, heterogene Datenmengen aus verschiedenen Quellen zu handlungsrelevanten Aussagen zu verdichten. Wie sich eine flexible Produktion zu den Kosten und mit dem Tempo einer Linienfertigung erreichen lässt, das wird derzeit intensiv erprobt. In Forschungsfabriken an den Standorten Chemnitz und Stuttgart-Vaihingen erproben Fraunhofer-Wissenschaftler gemeinsam mit der Industrie Lösungen für den Automobilbau der Zukunft. In der E3-Forschungsfabrik speisen über 1500 Datenquellen ein eigenes Informationssystem, etwa mit Betriebszuständen, Energieverbräuchen oder Wartungsterminen.

Fraunhofer-Experten sehen großes Zukunftspotential für Datenquellen, wie sie bei der Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) vorkommen. »Bei den massiven Datenströmen, die dort anfallen, geraten die Big-Data-Anwendungen von heute an ihre Grenzen. Die Herausforderung ist es, hier neue Methoden und Systeme zur effizienten Verarbeitung massiver Datenströme zu entwickeln«, sagt Dr. Michael Mock, der am Fraunhofer IAIS im Rahmen des Forschungsprojekts FERARI Big-Data-Verfahren für Industrie 4.0 und Internet der Dinge erforscht.

Der Lifestyle-Konfigurator: Big Data für den Endkunden

Ein Beispiel für Big Data, das die Endkunden erleben können, ist der neue Lifestyle-Konfigurator (LSK) von Mercedes-Benz. Das Echtzeit-Empfehlungssystem, das speziell auf die Bedürfnisse der Automobilbrache zugeschnitten ist, haben Berylls Strategy Advisors zusammen mit dem Fraunhofer IAIS und Nolte & Lauth entwickelt. Der LSK berücksichtigt mehrere Hunderttausend mögliche Fahrzeugkonfigurationen individuell pro Kunde und eine Vielzahl weiterer Parameter. Das selbstlernende System liefert nicht nur individuelle Empfehlungen, sondern wird mit zunehmender Nutzungsdauer immer intelligenter. Ähnlich selbstlernend ist auch Googles Suchmaschine, die mit jeder Eingabe immer schneller und treffsicherer wird. Nach Ansicht des Big-Data-Experten Dr. Dirk Hecker stehen selbst die großen Autohersteller dabei aber noch ganz am Anfang: »Kompetenzen rund um Deep Learning und Machine Learning sind noch nicht so weit verbreitet«, so der Abteilungsleiter beim Fraunhofer-Institut für intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS.

Datenflut in der Autoindustrie bewältigen

Der Wettlauf um schnelle Produkt-Releases auf Basis von Big Data in der Automobilindustrie hat endgültig begonnen. Schon heute produziert das Auto mehr Daten als jedes andere Gerät der Welt. Nach Berechnungen der Unternehmensberatung Accenture werden allein im Jahr 2020 rund 100 Millionen Fahrzeuge mit Konnektivitätsfunktionen neu zugelassen. Die von diesen Fahrzeugen produzierte Datenmenge soll gegenüber heute auf 545 000 Terrabyte steigen. Eine Datenflut, die mit dem hoch automatisierten Fahren und der Vernetzung Car-to-infrastracture weiter zunehmen wird. Es ist daher kaum verwunderlich, dass Automobilbauer (und Versicherungen) die Vorhut bei der Nutzung fortschrittlicher Big-Data-Analysen in Deutschland bilden. Jeweils 21 Prozent der Unternehmen setzen in diesen Branchen moderne Methoden der Datenanalyse ein. Das hat eine gemeinsame Studie von Bitkom Research und der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG ergeben. Basis ist eine repräsentative Umfrage unter 706 Unternehmen ab 100 Mitarbeitern.

Fraunhofer-Experte Hecker sieht bei Big Data eine starke Aufholphase in Deutschland. Das werde an der Umstrukturierung in Richtung Chief Digital und Chief Data Officer sichtbar, aber auch am Aufbau von Data-Scientist-Abteilungen: »Viele Unternehmen haben den Wert von Daten begriffen und legen Daten gezielt in Data Lakes ab. Jetzt gilt es, die Fortschritte bei der Analytik im Kontext von Artificial Intelligence und Deep Learning in eigene Use Cases zu übersetzen«, stellt Dirk Hecker fest.

Weitere Informationen zum Fachkongress und zur Anmeldung finden Sie hier